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Rehwild (Capreolus capreolus)
Daten
Population: ca. 2.500.000 in Deutschland (Bedrohungsstufe „1“ – nicht bedroht)
Gewicht: 15-30kg
Größe: bis zu 140cm lang, bis zu 84cm hoch (Schulterhöhe)
Alter: ca. 12 Jahre
Geschwindigkeit: bis etwa 60km/h
Sprünge: bis zu 4 Meter
Erscheinungsbild
Es gibt extra eine Farbbezeichnung für die Fellfarbe von Rehwild. Das sogenannte „Rehbraun“ (siehe Bild rechts). Die Farbe der Decke (Fell) unterscheidet sich allerdings je nach Jahreszeit. Im Sommer ist das Reh eher braun-rot bis leicht ins Orange gefärbt. Die Winterdecke, also die Fellfarbe im Winter geht eher in hellere, farbärmere und leicht gräuliche Farbtöne über. Die Statur des Rehwilds lässt sich am ehesten als leicht gedrungen beschreiben. Die Hinterläufe sind etwas kräftiger und länger als die Vorderläufe. Durch die gedrungene Statur kann das Rehwild auf seinen kurzen und schnellen Fluchten gut durch das Dickicht und Unterholz flüchten. Diese Eigenschaft ordnet Rehwild in den Schlüpfer-Typus ein. Andere Wildarten wie beispielsweise das Rotwild sind dem Läufer-Typus zuzuordnen. Diese machen längere und ausdauernde Fluchten.
Das männliche Rehwild, die Rehböcke, tragen als sogenannte Trughirsche ein Geweih / Gehörn. Das Gehörn besteht aus zwei Stangen mit einigen Verzweigungen /Gabeln und wir jährlich abgeworfen und über die Wintermonate und das Frühjahr neu gebildet. Während dieser Monate wird das Gehörn vom sogenannten Bast umgeben. Der Bast wird dann Richtung Sommer verfegt, also an Büschen und Ästen abgestreift und schließlich ist das blanke Geweih / Gehörn sichtbar.
Durch beispielsweise Baumharze, kann sich das Gehörn leicht verfärben.
Rehwild hat am After / Waidloch eine sehr helle, fast weiße Fellfärbung. Auch an der Form dieses Fellareals kann man weibliches und männliches Rehwild unterscheiden. Bei weiblichen Stücken ist der Spiegel eher herzförmig, bei männlichen Stücken eher nierenförmig ausgebildet. Bei Gefahr und Erregung werden diese Haare aufgestellt, die hellen Stellen werden gut sichtbar und haben dann eine Signalwirkung für Artgenossen.
Rehwild kann, ähnlich wie Damwild, auch unterschiedliche Fellfärbungen aufweisen. Diese Farbvarianten sind jedoch deutlich seltener. Vom Albino über gescheckte Stücke bis hin zu schwarzer Fellfärbung gibt es auch hier einige Variationen. Allerdings sind diese sehr selten zu beobachten.
Die Rehkitze weisen in den ersten Wochen charakteristische helle Flecken im Fell auf. Diese wachsen langsam heraus.
Der Fellwechsel, Wechsel von der Winter- zur Sommerdecke, beginnt teilweise schon im Februar. Gerade jüngere Böcke wechseln die Decke schon sehr früh im Jahr. Dafür verfegen sie ihr Gehörn relativ spät. Bei älteren Böcken ist es genau umgekehrt. Im Fellwechsel können die Tiere krank aussehen und wunde Stellen auf der Haut haben. In der Regel sieht die Decke aber nach vollzogenem Wechsel, nach einigen Wochen wieder gut aus. Haarlinge (Parasiten) und ähnliche Gründe können das Erscheinungsbild allerdings auch massiv beeinflussen.
Parasiten
Haarlinge sind bei Rehwild relativ häufig. Es handelt sich um wenige Millimeter große Läuse, die sich von der Haut der Tiere ernähren. Es handelt sich also nicht um Blutsauger. Die so geschädigte Haut ist natürlich Eintrittspforte für andere Parasiten sowie Krankheitserreger. Je nach Witterung, Allgemeinzustand des Tieres (Wirts) sowie des Alters stecken viele Exemplare die Besiedelung mit dem Ektoparasit „Haarling“ recht gut weg. Haut und Fell regeneriere sich mit der Zeit wieder. Geschwächte und alte Tiere können dem teilweise aber nicht mehr viel entgegensetzen und werden stark geschwächt apathisch und gehen ein oder fallen Raubtieren zum Opfer.
Verbreitung des Rehwilds
Das Verbreitungsgebiet unseres heimischen, europäischen, Rehwilds erstreckt sich über ganz Europa bis in den asiatischen Raum. Die Höhengrenze liegt bei etwa 3000 Metern. Sie präferieren lichte Wälder und eine Mischung aus Wald und Flur. Eine abwechslungsreiche Vegetation mit Dickungen, Wiesen und Sträuchern wird bevorzugt. Als Kulturfolger gibt es mittlerweile auch Populationen, die in Landschaften ohne Baumbestand leben. Diese Populationen werden als „Feldrehe“ bezeichnet. Sie sind also sehr anpassungsfähig an ihre Umgebung. Sofern das Nahrungsangebot denn stimmt.
Fortpflanzung
Die Brunftzeit, Blattzeit genannt, beginnt, je nach Region meist Mitte Juli und dauert in der Regel etwa 4 Wochen. Bereits vor Beginn der Blattzeit markieren Rehböcke ihr Revier und verteidigen dies gegen Mitstreiter. Bereits ab Mai ist ein ausgeprägtes Territorialverhalten bei den Böcken zu beobachten. Manchmal reichen einfache Drohgebärden, nicht selten aber kommt es zu Kämpfen. Mit ihrem Gehörn können sie ihren Konkurrenten durchaus schwere Verletzungen zufügen.
Sobald die Ricken (weibliches Rehwild) durch Duftstoffe eine baldige Empfängnisbereitschaft signalisieren, werden diese von den Rehböcken zum Teil über mehrere Tage begleitet und regelrecht verfolgt. Dieser Zeitraum ist für die Rehböcke energetisch hoch aufwendig und sie verlieren oft einen großen Teil ihres Körpergewichts. Nach erfolgter Befruchtung tritt bei den Rehen die sogenannte Eiruhe in Kraft und die eigentliche Fötus-Entwicklung beginnt erst Richtung Jahreswechsel. Der Großteil der Kitze wird um den Monat Mai herum gesetzt. In der Regel bekommt ein Reh 1-2 Kitze, selten 3. Knapp 70 Tage nach der Geburt sind die Rehe wieder Paarungsbereit. Die Rehkitze folgen der Ricke dann noch für etwa ein Jahr.
Nahrung
Rehe sind sogenannte Konzentrat-Selektierer. Sie fressen leicht verdauliche Kräuter, Knospen, Triebe, Blätter, aber auch Feldfrüchte wie der Raps stehen auf ihrem Speiseplan. Obst und Beeren ergänzen im Herbst ihre Nahrungsauswahl. Als Wiederkäuer würgen sie die Nahrung nach dem Verzehr später wieder hoch und zerkleinern diese dann weiter. Erst dieser Nahrungsbrei wird letztlich verdaut. Im Frühjahr und Herbst frisst sich Rehwild eine gewisse Reserve an, die dann in der Blattzeit und in den Wintermonaten gebraucht wird.
Lautäußerungen vom Rehwild
Allgemeines
Wenn man Rehe hört, dann bellen sie meistens. Dieses Verhalten dient der Kommunikation mit Artgenossen, soll potentiellen Feinden aber auch mitteilen, dass sie entdeckt wurden und ein Angriff somit wenig Aussicht auf Erfolg hat. Zudem kommunizieren sie mit recht hochfrequenten Fieplauten. Vor Allem Ricke und Kitz verständigen sich so.
Lautäußerungen von Rehwild bei Gefahr
Mehr Informationen zu den Lautäußerungen habe ich mal hier zusammengeschrieben „Schreckender Rehbock„.
- Am häufigsten konnte ich schreckendes Rehwild beobachten wenn diese eine Gefahr wittern und jene noch nicht genau einordnen können. Alternativ auch wenn die Gefahr erkannt wurde aber noch nicht akut ist.
Zum Beispiel wenn man getarnt irgendwo ansitzt und sie einen plötzlich unter Wind bekommen, also riechen. Sie können den Geruch wahrscheinlich schon einem Menschen zuordnen, ihnen fehlt dann aber oft die optische Bestätigung. Da Rehwild nicht sonderlich gut sieht (mehr dazu hier) fällt es ihnen also schwer den Ersteindruck des Geruchs mit anderen Sinnen zu bestätigen. Sie sind sich also unsicher was genau sie nun entdeckt haben und ob dies wirklich eine Gefahr darstellt.
Schreckendes Rehwild teilt mit diesen Lautäußerungen also anderen Tieren mit, dass sie eine Gefahr gewittert haben. Zudem ist es wohl auch ein deutliches Signal an den potentiellen Angreifer, dass er entdeckt wurde und jeglicher weiterer Annäherungsversuch somit keinen Sinn mehr macht.
Böcke scheinen hier nicht ganz so lang zu schrecken wie Ricken und betreiben die Lautäußerungen oft über einen etwas kürzeren Zeitraum. - Zudem schrecken Rehe auch öfters zur Kommunikation. So können sie durch das recht weit vernehmbare „Bellen“ auch Artgenossen über ihren Standort informieren. Dies geschieht vor allem in der Dämmerung am frühen Morgen als auch abends.
- Mitunter wird es auch als Reviermarkierung beschrieben
- Teilweise scheinen sie auch die Gefahr vom Haupteinstand weglocken zu wollen.
- Ab und an geben sterbende oder stark leidende Tiere diese Laute von sich.
Auffällig ist, dass andere Rehe oft in die Schrecklaute mit einsteigen. Wenn also ein Tier anfängt, geht es kurz danach oft in anderen Ecken des Waldes los.
Böcke schrecken oft etwas tiefer und insgesamt kürzer als weibliches Rehwild. Sowohl in der Gesamtlänge der Schreckphase als auch was die einzelnen Töne angeht, hört es sich beim männlichem Rehwild oft etwas zackiger an. Das ist aber auch je nach Alter und evtl. sogar der Region in der die Tiere leben unterschiedlich. Es ist also kein verläßlicher Anhaltspunkt um Rehwild wirklich nach Geschlecht oder gar Alter einzuordnen bezwihungsweise anzusprechen.
Sonstige Laute
Insgesamt verständigen sich die Rehe ab und an mit Fieplauten. Auch, wenn der Bock die Ricke während der Blattzeit treibt fiept sie während des Treibens oft gestresst. Böcke hingegen keuchen und schnauben währenddessen eher. Kitz und Ricke verständigen sich ebenfalls durch hohe Fieplaute. Diese dienen der Ortung und der Kommunikation und auch , dass eine Annäherung stattfindet und die Milchbar wieder öffnet. Zudem erkennen sich die Tiere wohl auch anhand ihrer Laute.
Verhalten
Die Reviere oder Aktionsradien von Rehwild sind verhältnismäßig klein und verfügen oft über natürliche Grenzen wie beispielsweise Bäche und Knicks. Die Tiere markieren ihre Reviere und verteidigen diese teilweise. Nicht nur die Böcke zeigen territoriales Verhalten, auch die Ricken. So halten sie sich konkurrierende Ricken mit deren Kitzen während der Kitz-Aufzucht vom Leib um besondere Bereiche im Revier, mit geeignetem Nahrungsangebot, zu verteidigen. Böcke vertreiben Nebenbuhler durch Imponier- und Drohgebärden schon ab Mai und setzen dies bis zum Ende der Blattzeit fort.
In den Wintermonaten sind Rehe dann deutlich häufiger in kleinen Gruppen, sogenannten „Sprüngen“ anzutreffen. Mehrere Tiere ziehen dann gemeinsam durch die Landschaft. In der Regel werden diese Sprünge von einer führenden Ricke angeführt. Dies dient dazu, die schwierige und Nahrungsarme Zeit mit möglichst niedrigem Energieverbrauch zu überstehen. Die erfahrene Ricke führt die Tiere also zu Arealen mit einem ausreichenden Nahrungsangebot und gibt Fluchtverhalten und Fluchtrichtung vor.
Bei möglichen Gefahren kommt es vor den Lautäußerung zudem häufig zum Scheinäsen.
Die Rehe tun also so, als ob sie äsen, beobachten ihre Umgebung währenddessen allerdings genau. Immer wieder heben sie abrupt ihr Haupt und Äugen die Umgebung ab oder versuchen mittels ihrem ausgeprägtem Geruchssinn ein Lagebild zu erhalten. Wenn sie die Flucht ergreifen rennen sie schnell zur nächsten Deckung und springen zwischendurch bis zu 4 Meter weit.
Mehrmals täglich müssen Rehe äsen um ihren Nahrungsbedarf zu decken. Zwischendurch gibt es immer wieder Ruhezeiten. Generell sind Rehe tagaktiv. Offene Flächen hingegen betreten sie oft erst mit einsetzender Dämmerung.
Feinde
Sämtliche größeren Beutegreifer können vor Allem den Kitzen gefährlich werden. Dazu gehören große Greifvögel wie beispielsweise Adler aber auch Säugetiere wie Wolf und Fuchs. Der Mensch ist allerdings auch eine große Gefahr. So fallen dem Straßenverkehr in Deutschland jährlich viele Tiere zum Opfer. Auch bei der Wiesenmahd werden oft Kitze vermäht, also durch die Mähmaschinen getötet. Junge Kitze ducken sich bei Gefahr in hohem Gras ab. Erst mit zunehmenden Lebensalter flüchten sie. Glücklicherweise ist es gesetzlich vorgeschrieben Wiesen vor der Mahd abzusuchen und die Kitze rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Landwirte und Jäger sowie engagierte Bürger bilden so regelmäßig Kitz-Suchgruppen und sichern so jährlich viele Kitze. (siehe hier)
Spuren
Die Trittsiegel (Hufabdrücke) sind eine gute Möglichkeit um Rehspuren als solche zu erkennen. Die kleinen Schalen sinken gut in Schlamm oder Schnee ein und hinterlassen somit oft gut erkennbare Abdrücke.
Wildwechsel und Verbiss-Spuren lassen ebenso auf ihre Präsenz im Gebiet schließen. An einigen Drähten und Zäunen sind auch hin und wieder Fellbüschel zu entdecken.
Rehwild bewegt sich, wie viele andere Tiere auch, oft auf den gleichen Pfaden. Sobald diese etwas ausgetreten sind werden diese als Wildwechsel bezeichnet.
Die Losung (Kot) der Rehe ist, wie für viele Pflanzenfresser typisch, dunkel und recht Kleinkörnig. Ab und an kleben einige kleine Kotbällchen zusammen und bilden etwas größere Haufen. Sie sind recht gut von der Losung von Feldhasen und Wildkaninchen zu unterscheiden.
Wenn Rehböcke ihr Revier markieren nutzen sie, neben der Geruchsmarkierung durch Urin und Drüsensekrete auch oft sogenannte Plätzstellen um ihren Geruch zu verteilen. Zudem wird dort auch oft einfach der Boden aufgebrochen und nach fressbarem durchsucht.